Tobago

Die beiden genießen ihre wohlverdienten Tage in der Karibik, und wir freuen uns sehr, dass sie von „unserer“ Lieblingsinsel begeistert sind.

Nebenbei klarieren wir das Schiff, versorgen den über Wochen angesammelten Müll und lernen mit dem Beiboot trockenen Fußes über die Brandung zu kommen.

Nach der Abreise von Eva und Roland kommen wir am Weg vom Flughafen an Bago`s Beachbar vorbei (in Eva Pöschls heimatbezogenem Jargon: „der Wirt am Eck“). Die Kiwis Kelly und Glennys sitzen schon da, und innerhalb kürzester Zeit sind die Besatzungen aller vor Anker liegenden Schiffe an einem Tisch. Der Abend wird lang, und die Bierbestände der Bar werden ausgereizt. Wir waren für diesen Tag wehmütig auf Einsamkeit vorbereitet, können uns aber zum Glück schnell umstellen…

Das Wetter lässt keinen Zweifel offen, dass die Regenzeit hier bis in den Dezember reicht: Novemberwetter in der Badehose. Nicht nur wegen des Wetters hadert Wolfgang mit der Reise und seinen bescheidenen Lebensumständen an Bord. Evi erkennt bald die Situation und diagnostiziert Bewegungsmangel als Ursache der psychischen Labilität ihres Partners. Sie verordnet Strandläufe, Gymnastik, Schnorcheln und Tauchen, und tatsächlich bessert sich die Stimmung des „Sleipnir2“ – Skippers, was auch sehr zum Wohlbefinden Evis beiträgt.

Von den ersten Tagen an stürzen wir uns in das seglerische Gesellschaftsleben, welches wieder einmal durch eine Vielfalt an unterschiedlichen Persönlichkeiten, Lebensgeschichten, Zielvorstellungen und …Budgets geprägt ist. Dreieinhalb Wochen liegen wir in der Store Bay vor Anker, gerade einmal zwei Abende verbringen wir alleine am Schiff – öfters haben wir schon beim Frühstück Besuch.
Da ist z.B. Pia aus Deutschland, die Büroleiterin auf höchster politischer Ebene war, und die für die nächsten zwei Jahre auf verschiedenen Segelschiffen Richtung Pazifik trampt.
Anne und Mike aus Irland sind uns besonders sympathisch, und das hat nichts damit zu tun, dass ihr Kat Mojo – als einer der wenigen – kleiner ist als „Sleipnir2“. Anne ist ausgesprochen herzlich und Mike versucht seinem Irisch soviel Englisch beizumengen, dass auch Wolfgang seinem trockenen Humor folgen kann.
Die meiste Zeit verbringen wir aber mit unserem schweizer Freund Philip. Er hat seine Karriere in der Hochfinanz aufgegeben, um bewusst alleine mit seinem Katamaran Blue Bie um die Welt zu segeln www.bluebie.com – allerdings keineswegs auf dem kürzesten Weg. Manche seiner Routenpläne weichen deutlich von den üblichen Segelpfaden ab, einige seiner Wegpunkte sind – seiner Leidenschaft entsprechend – mit den besten Kitesurfplätzen verknüpft. Philips vielfältige Fähigkeiten zeigen sich unter anderem beim erfolgreichen Reparieren unserer Winsch oder beim Installieren unserer GPS-Maus. Vor einem gemeinsamen Rösti-Essen spielt er uns sogar am Backbordrumpf auf seinem Alphorn vor…

Wesentlich ungezwungener als wir sind jene jungen Brasilianer, die sich nach ihrer Ankunft in der Store Bay bei uns erkundigen, wie diese Bucht eigentlich heißt, und wie man hier Partys feiern kann. Wer immer in Tobago vor Anker geht, die meisten haben eines gemeinsam: sie haben mehr Zeit als wir…

Bedingt durch den schlechten Zustand der Riffe halten wir uns bei unseren Tauchaktivitäten zurück. Wolfgangs anfängliche Sorge ob unser „alter“ Tauchguru Göran noch am Leben ist, zeigt sich als wahrlich unbegründet. Er hat mittlerweile eine dreijährige Tochter und somit sogar Leben gezeugt…

Die diversen Weihnachtspartys an den Stränden oder in verschiedenen Bars zeigen allzu anschaulich die mitunter verheerende Wirkung von Alkohol. Bedingt durch das fortgeschrittene Alter einiger Akteure bleibt vermutlich zumindest deren Eltern eine peinliche Auseinandersetzung mit diversen Fotos und Filmsequenzen erspart. Die Fähigkeit „Loslassen“ zu können und als notwendigen Ausgleich zum regelmäßigen Arbeitsalltag ausgelassen zu feiern, sollte trotzdem nicht unter völliger Aufgabe von Selbstachtung und menschlicher Würde erfolgen. Wir verbringen den Heiligen Abend mit Philip bei gutem Essen und in dem Glauben es besser zu machen…

Nach Weihnachten verlassen die meisten Schiffe Tobago Richtung Chaguaramas – Trinidad, der vermutlich beste Platz der Karibik um am Schiff Arbeiten durchführen zu lassen. Am 29.12 laufen auch wir mit einer langen “To do“ – Liste Richtung Trinidad aus.