In den Kanaren

Ein telefonisches Missverständnis setzt noch einmal Adrenalin frei, aber drei Tage später sind unsere Motoren in nahezu neuwertigem Zustand wiedereingebaut – inklusive einer Instruktion wie wir sie mittels Schraubenzieher notfalls kurzschließen könnten.

Im Carrefour bunkern wir Lebensmittel für den Transatlantiktörn. Nach ca. 3 Stunden und 4 vollbeladenen Einkaufswägen macht eine unterbeschäftigte, aber unaufmerksame Kassiererin den Fehler uns freundlich heranzuwinken. 1,5 Meter Rechnungsrolle und € 432 später ist sie um eine Erfahrung reicher… Der ausgesprochen umfangreiche Einkauf hat einen Grund: unsere Freunde vom Yacht Club Austria, Eva und Roland, werden uns über den Atlantik begleiten. Wir freuen uns besonders auf dieser langen Etappe zwei liebe Freunde und ausgezeichnete Segler an Bord zu haben. Mit den beiden verbindet uns auch eine auf das Segeln bezogene Geschichte: unter der Ägide von Roland hat Wolfgang seinen ersten Segeltörn absolviert, UND die beiden haben 2001 geholfen die Überstellung der „Sleipnir2“ von England nach Kroatien erfolgreich zu Ende zu bringen.

Wir bereiten unser Boot für die Anforderungen der nächsten Wochen vor: kaufen Ersatzteile, servicen alle erforderlichen Bestandteile und Ausrüstungsgegenstände unseres Schiffes und stocken letztendlich die Angelausrüstung für atlantische Verhältnisse auf – wir werden sehen… Auf unserem Pier herrscht Umgangssprache Französisch. Von 22 Booten führen 19 die Trikolore. Evi will nicht, Wolfgang kann nicht am täglichen Stegtratsch teilnehmen.

Am Wochenende mieten wir ein Auto: zunächst um knapp 200 Liter Benzin in Kanistern zu bunkern – Evis Apfelduftspray bewahrt uns vor unangenehmen Fragen seitens der Autovermietung. Anschließend machen wir Urlaub vom Schiff und besuchen den bekannten Loro Parque, eine wirklich beeindruckende Tierschau mit nicht minder beeindruckendem Eintrittspreis (€ 30 pro Person). Vor dem Gorillagehege belegen leider einige Besucher zweifelsfrei die Behauptung, dass sich die DNA dieser eindrucksvollen Tiere nur 5% von der des Menschen unterscheidet. Der Standort des Beobachters ist nicht immer klar, und eine alte Philosophie von den „weißen Affen“ wird wieder lebendig…

Nach zehn Tagen verlassen wir Santa Cruz um in möglichst kleinen Etappen nach El Hierro zu segeln. Noch im ausgehenden Mittelalter stellte diese Kleinste der Kanareninseln das Ende der damals bekannten Welt dar. Nachdem wir die Südküste Teneriffas runden, empfängt uns kräftiger Wind aus Westen. Wir ankern bis zum Abend nahe von Los Cristianos und versuchen knapp vor Dämmerung bei nachlassendem Wind und Welle La Gomera unter Motor zu erreichen. Eine Schule von Grindwalen ist kurz nach dem Auslaufen auf Kollisionskurs mit uns – wir weichen respektvoll mit großem Sicherheitsabstand aus. Für den Rest der Nacht können wir am Tankstellenpier der Marina von La Gomera festmachen, und das Bier und die Tapas schmecken nach dem harten Tag besonders gut. Die Marina von San Sebastián gefällt uns sehr, und das am Hügel gelegene Nobelhotel Pasador National bietet den passenden Rahmen endlich Evis Geburtstag nachzufeiern.

Nach zwei Nächten verlassen wir den Hauptort La Gomeras um im Süden der Insel – im Fischerdorf Puerto de Santiago – an die Hafenmole zu gehen. Wir haben Springtide und die Gezeitenunterschiede von gut zwei Metern erfordern ein vorausschauendes Festmachen (wo ist die Leiter?) und entsprechend fortgeschrittenes Leinenhandling.

In Playa de Santiago treffen wir unsere Freunde Ernsti und Dagmar, die hier eine Woche Urlaub machen. Es bleibt uns nur ein gemeinsamer Abend in ihrem Hotel, der – dem Anlass gemäß – ein bisschen länger wird…

Der nächste Tag bringt perfektes Segelwetter für den Schlag nach El Hierro. Der Hafen von Estaca wurde seit unserem letzten Aufenthalt vor fünf Jahren umgebaut und bietet jetzt besseren Schutz für mehr Yachten. An der Mole warten bereits Uli und Marlies. Uli ist Trans-Ocean Stützpunktleiter, und die beiden kennen die Bedürfnisse der durchreisenden Yachties und sind sehr hilfsbereit. Uli zeigt uns mit dem Auto „seine“ Insel, und wie bei unserem ersten Besuch vor fünf Jahren verbringen wir einen herrlichen Tag auf der Finca von Marlies und Uli, bevor wir endgültig Richtung Kap Verden weiterfahren.